Dienstag, 12. März 2013

Value-Strategie

Gutes billig kaufen


Die Väter: Graham und Dodd


Die moderne Wertpapieranalyse beginnt mit Benjamin Graham (1894-1976) und David Dodd (1895-1988), deren Klassiker Security Analysis, der erstmals 1934 erschien, auch heute noch in einer der aktualisierten Ausgaben gelesen wird, und das nicht nur von ihren treuesten Verehrern. Zu diesem Erfolg hat nicht zuletzt der fast legendäre Investmenterfolg ihres einstigen Studenten Warren Buffett beigetragen.

Auslöser für die Herausgabe dieser ersten systematischen Wertpapieranalyse war der Crash von 1929, als Amerika und später die ganze Welt aus dem Traum einer langen wirtschaftlichen Wachstumsphase aufgestreckt wurden. Die Kursstürze stellten jeden Betroffenen vor die Frage, was eine Aktie eigentlich wert war, während man sich zuvor über die schönen Kurssteigerungen als Selbstverständlichkeiten gefreut hatte
.

Graham sah in dem Kurseinbruch die Korrektur eines viel zu hohen Kursniveaus und verstand sein grundlegendes Buch zur Aktienanalyse als Ergebnis seiner intensiven Auseinandersetzung mit diesem einschneidenden Börsenereignis. Zentrales Thema ist daher die Auswahl von Wertpapieren, die nicht derart überbewertet sind, dass ihnen immer eine einschneidende Korrektur droht.

Im einzelnen gelangt Graham nach seinen eigenen praktischen Investmenterfahrungen zu einer Reihe sehr konkreter Investitionsprinzipien.


Eine erste Gruppe von Regeln setzt die Aktienanlage zu dem jeweiligen Renditeniveau am Anleihemarkt in Beziehung:

Danach soll die Einstandsrendite einer Aktien, d.h. der Quotient aus Gewinn je Aktie und Aktiekurs mindestens doppelt so hoch sein, wie die Rendite 30-jähriger Staatsanleihen.

Zugleich muss die Dividendenrendite mindestens Zweidrittel dieser Anleihenrendite betragen.

Um aktuelle unternehmensspezifische Übertreibungen am Aktienmarkt auszuschließen, sollen die Kurse nicht überhöht sein, sondern der Profitabilität des Unternehmens entsprechen, wie es Graham in einem zweiten Teil seiner Prinzipien festlegt:
Daher muss das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) weniger als 40% des höchsten KGV der vergangenen 5 Jahre betragen.

Auch soll der Aktienkurs nicht mehr als Zweidrittel des Buchwertes erreichen,
und die Marktkapitalisierung eines Unternehmens, also der von der Börse täglich bestimmte Wert einer Gesellschaft, soll nicht höher sein als Zweidrittel ihres Nettoumlaufvermögens.

Ein dritter Aspekt ist für Graham die Ausstattung mit Eigenkapital, so dass ein Unternehmen auch wirtschaftliche Krisenzeiten überstehen kann.

Das Fremdkapital darf daher das Eigenkapital nicht übersteigen, und das Umlaufvermögen soll mindestens doppelt so hoch sein wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten. Schließlich muss das Fremdkapital noch geringer sein als das zweifache Nettoumlaufvermögen.

Viertens wird auch der Wachstumsaspekt keineswegs übersehen, da er zu kräftigen Bewertungs- und damit Kurseffekten führt. Dabei achtet Graham jedoch weniger auf prognostische Gewinnschätzungen, wie sie Analysten gern in ihren Aktienempfehlungen verwenden, sondern auf die Nachhaltigkeit der bisherigen Gewinnausweise.

So soll das durchschnittliche Gewinnwachstum in den vergangenen 10 Jahren mindestens 7% betragen haben, und in diesem Zeitraum darf der Gewinn nicht mehr als zweimal rückläufig gewesen sein. Gerade die Bedeutung der Gewinne stellt Graham sehr stark heraus, da sie hohe Gewinnmultiplikatoren von Aktien rechtfertigen, wenn die denn nachhaltig erwartbar sind.

Gewinnwachstum und akzeptable KGVs nach Graham/ Dodd

Durchschnittliche Wachstumsrate
 (7 Jahre, in %)
Gewinnmultiplikator

3,5

13
5,0
14
7,2
15
10
16
12,0
17
14,3
18
17,0
19
20,0
20

Graham/ Dodd, S. 537

Diese Investmentregeln lassen sich zunächst als rote Ampeln für Aktienkäufe während einer spekulativen Blase und von Unternehmen ohne eine längere positive Börsengeschichte interpretieren. Erst nach diesem generellen Ausschluss von Marktübertreibungen und unbeschriebenen Startups erfolgt dann die Auswahl von Aktien, die die hohen Valuekriterien erfüllen.


Grahams Meisterschüler Warren Buffett

Grahams Prinzipien wurden vor allem durch ihre Umsetzung populär, die dem einstigen Studenten Grahams und heutigem Multimilliardär Warren Buffett gelungen ist. Buffett wurde 1930 im US-Bundesstaat Nebraska geboren, wo er bereits im Alter von 6 Jahren seine ersten Erfahrungen mit der Marktwirtschaft sammelte. Damals soll er Sixpacks von Coca Cola für 25 Cent gekauft und anschließend als Einzelflaschen für 5 Cent gewinnbringend weiterverkauft haben, sodass er eine Umsatzrendite von 20% erzielte. Buffett kaufte seine ersten drei Aktien als Elfjähriger über das Broker-Unternehmen seines Vaters, der später Kongressabgeordneter wurde. 


Sein Studium schloss er an der Columbia University in New York mit einem Master of Economics ab. Dort war Graham einer seiner Lehrer, und dort las er dessen Buch, das sein Leben veränderte, wie Buffett später erklärte.

Nachdem er zunächst in den Brokerfirmen seiner Vaters und seines Lehrers Grahams gearbeitete hatte, gründete er 1956 in Omaha sein eigenes Unternehmen Buffett Partnership, und zwar mit 105.000 $ von Verwandten und Bekannten sowie symbolischen 100 $ aus eigener Tasche.

Diese durchaus erfolgreiche Investmentgesellschaft, die jährliche Durchschnittsrenditen von 29,5% erzielte, löste Buffett im Jahr 1969 auf, nachdem er zuvor seit 1962 Schritt für Schritt den Textilhersteller Berkshire Hathaway in Neuengland aufgekauft hatte. Dieses Unternehmen, das Mitte der 1950er Jahre noch in 15 Betrieben mit 12.000 Mitarbeiten einen Umsatz von 120 Mio. $ machte, stand in harter Konkurrenz zu ausländischen Konkurrenten mit niedrigeren Lohnkosten, was zu Massenentlassungen und Betriebsstilllegungen führte.

Berkshire Hathaway als Prototyp eines Value-Investors


Buffetts Investmentfirma übernahm diese wenig profitable Textilfirma Berkshire Hathaway in Neuengland 1965 vollständig und baute sie zu einer Beteiligungsgesellschaft um, die eine Vielzahl von Unternehmen bzw. Unternehmensanteilen akquirierte, die Buffett nach seinen Investmentkriterien auswählte.

1969 löste Buffett seine alte Investmentfirma auf und bot den Teilhabern Aktien von Berkshire Hathaway an, die damals bei 43 $ notierten und im Dezember 2007, also vor dem Beginn der aktuellen Finanzkrisen, einen Kurs von ca. 150.000 $ erreichten.

Wichtiger noch als der Kurs ist für Buffett selbst jedoch die Entwicklung des inneren Wertes der Aktie von Berkshire Hathaway, den er im jährlichen Geschäftsbericht detailliert für alle Jahre seit 1965 aufführen lässt und mit der Entwicklung des S&P 500, also des marktbreiten Indexes für US-Aktien vergleicht. Danach hat Berkshire Hathaway zwischen 1965 und 2011 den inneren Wert im Durchschnitt jährlich um 19,8% gesteigert, während der marktbreite S&P 500, der Dividendenausschüttungen einschließt, im Vergleich nur um 9,2% stieg. Buffetts Investmentprinzipien weisen damit eine jährliche Überrendite von 10,6 Prozentpunkten aus, und zwar über einen Zeitraum von über 50 Jahren.

Aufgrund des Zinseszinseffekts stieg dadurch der Wert einer Berkshire-Beteiligung um 513,1 %, während der S&P 500 es nur auf 6,4% brachte. (BH GB 2011, S.2) Statistisch gesehen sind für diesen gravierenden Unterschied vor allem die starken Verluste beim S&P in einer Reihe von Jahren verantwortlich, die Berrkshire Hathaway bei der Entwicklung des inneren Wertes weitgehend vermeiden konnte.

Grundbegriffe der Buffettologie


Neben den Investmentkriterien Grahams stellt Buffett für seine Investments vor allem drei Prinzipien besonders heraus, und zwar den Inneren Wert, die Sicherheitsmarge und den ökonomischen Burggraben.

Ausgangspunkt bei der Beurteilung einer Aktie ist für Buffett die Unterscheidung von Preis bzw. Kurs und Wert. Dabei ist für ihn der Kurs das, was man bezahlt, und der Wert, das was man erhält.

Den Inneren Wert definiert es als die Summe aller Barmittel, die dem Unternehmen während seiner verbleibenden Lebenszeit entnommen werden können, und zwar abgezinst auf ihren Gegenwartswert. Damit ist die nachhaltige Profitabilität entscheidend für die Bewertung und nicht die aktuell an der Börse definierte Marktkapitalisierung; denn für Buffett sind die Kurse das Produkt eines häufig irrational handelnden Mr. Market und nicht Preise, die alle zur Verfügung stehenden Informationen korrekt wiedergeben, wie es die Theorie effektiver Aktienmärkte annimmt.


Die so berechenbare Differenz zwischen einem niedrigen Preis und einem höheren Wert nennt Buffet Sicherheitsmarge (margin of safty) für den Kauf einer Aktie. Sie soll einen Schutz vor möglichen Unwägbarkeiten der Zukunft bieten. Das gilt nicht zuletzt auch für die Probleme bei der Prognose zukünftiger Gewinne. Sie stellt somit dem Investor als ein Puffer gegen Fehler in der Kalkulation.

Für die Absicherung von Gewinnmargen ist für Buffett die Marktstellung eines Unternehmens von zentraler Bedeutung. So liegt der Schlüssel für profitable Investments nicht im Wachstum einzelner Brachen, sondern vielmehr in der Fähigkeit eines Unternehmens, Wettbewerbsvorteile herauszuarbeiten und längerfristig zu sichern. Um diesen Aspekt zu veranschaulichen, wählt Buffett den Schutzgraben (economic moat) einer mittelalterlichen Burg als Bild, der möglichst breit sein muss, um Angreifer abzuhalten und die Burg mit den Aktionären zu schützen und dadurch mit guten Gewinnen zu belohnen.

Deshalb setzte Buffett schon sehr früh auf die weltweit bekannten US-Marken wie American Express CocaCola und Gillette, die sich kaum von Wettbewerbern kopieren lassen.

Die O'Shaughnessy-Strategie

Einen Versuch zur Entwicklung einer renditeträchtige Value-Strategie hat James O'Shaughnessy in seinem 1996 erstmals veröffentlichten Buch "What Works on Wall Street" unternommen, dem er den eindrucksvollen Untertitel "A Guide to the Best-Performing Investment Strategies of All Time" gab. Grundklage seiner Empfehlungen sind dabei systematische empirische Analysen von Aktienkursen und Unternehmensdaten aus der Vergangenheit, die O'Shaugnessy selbst durchgeführt hat.


So untersuchte er für einen Zeitrum von über 40 Jahren, welche Strategien an der Börse auf lange Sicht zum Erfolg führen. Das Ergebnis seiner Computeranalyse zeigte sehr eindrucksvoll, warum es sich lohnen kann, verschiedene Anlagestrategien genau zu vergleichen. Aus 10000 Dollar, die Ende Dezember 1954 an der Wall Street angelegt wurden, waren mit der besten von O'Shaughnessy getesteten Strategie bis Ende 1994 stolze acht Millionen Dollar geworden – was einer durchschnittlichen Jahresrendite von 18,2 % entspricht -, während der breite Marktindex S & P 500 selbst in diesen für den Aktienbesitz guten Jahrzehnten nur einen Durchschnitt von 11,4 Prozent jährlich schaffte.

Um seine beste Investmentstrategie zu finden, hat O'Shaughnessy jeweils 50 Aktien mit den höchsten bzw. niedrigsten Werten für fünf unterschiedliche Value-Kriterien ausgewählt und im Zeitraum zwischen 1951 und 1996 die Renditeentwicklung dieser zehn Portfolios betrachtet. So "kaufte" er für seine virtuellen Portfolios beispielsweise auch die 50 Werte mit der höchsten und der niedrigsten Dividendenrendite, sodass seine Ergebnisse beispielsweise die Dow-Strategie in einen breiteren Beurteilungsrahmen stellen. Dabei wurde die Depotzusammensetzung jährlich einmal zum ersten Börsentag aktualisiert

Um die zeitlichen Schwankungen in der Renditeentwicklungen sichtbar zu machen, weist O'Shaughnessy neben dem Gesamtergebnis auch die Zwischenwerte für seine fünf Dezennien aus also die 1950er, 60er, 70er, 80er und 90er Jahre.

Sein Ergebnis ist insgesamt ein überzeugendes Plädoyer für den Value-Ansatz; denn die für alle fünf betrachteten Substanz- bzw. Value-Indikatoren, d.h. die Dividendenrendite, das KGV, das Kurs-Cashflow-Verhältnis, das Buch-Marktwert-Verhältnis und das Umsatz-Kurs-Verhältnis, billigsten Werte schlugen im Durchschnitt die Depots den Markt.

Aber es hätte in diesem Rückblick auch Enttäuschungen für einen Value-Anleger gegeben. So lag eine Strategie, die auf Aktien mit einem niedrigen KGV gesetzt hätte, in den 80er Jahren knapp unter dem Durchschnitt aller Werte, wenn auch nur um 0,7 Prozentpunkte bei einem jährlichen Durchschnitt von immerhin noch 16,2 Prozent, und ähnlich hätte ein Dividendenrenditejäger in den 50er Jahren abgeschnitten, allerdings auch nur mit 0,1 Prozentpunkten Rückstand bei einer jährlichen Durchschnittsrendite von 15,2 Prozent.

Das waren jedoch nur zeitlichen Schwankungen, die an dem Gesamtergebnis nichts ändern, sodass ein Aussteigen aus der Strategie aufgrund kurzfristiger Unterrenditen insgesamt gesehen ein Fehler gewesen wäre. Daher plädiert O'Shaughnessy immer wieder sehr vehement für ein Durchhalten eines Ansatzes, der sich als gut herausgestellt hat.

Insgesamt gesehen hätte jedoch in 92 Prozent aller Jahre und aller fünf Anlagestrategien der Value-Investor besser als der Durchschnitt gelegen. Divergierende Ergebnisse gab es in den Jahrzehnten jedoch nicht nur für den Value-Ansatz insgesamt. Auch die "Wertschöpfungskraft" der fünf Indikatoren war in verschiedenen Zeiträumen der Vergangenheit kleineren Schwankungen unterworfen, da mal die Auswahl nach dem einen und mal nach dem anderen Indikator einem Anleger den größeren Nutzen gebrachte hätte.

Ein eindeutiges Votum für ein einzelnes Auswahlkriterium, wie es O'Shaughnessy für das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) trifft, also einen Indikator, den zuvor weder in der Praxis noch in der Wissenschaft jemand besonders beachtet hatte, mag daher zwar aus seinem Entdeckerstolz heraus verständlich sein, wird jedoch durch die Daten nicht abgesichert, da es sogar nach der Präsentation in seinem Buch nicht den insgesamt besten Renditedurchschnitt aufweist. Hier liegt das Kurs-Cashflow-Verhältnis vorn. Allerdings liegt das Kurs-Umsatz-Verhältnis in jedem Dezennium über dem Durchschnitt und weist in dem letzten vollständig betrachteten Jahrzehnt mit über 20% die höchste Durchschnittsrendite überhaupt auf. Die Auswahl nach diesem Merkmal scheint also die Nerven der Anleger besonders wenig zu strapazieren.

Wer konstant jedes Jahr neu in die 50 US-Werte mit dem niedrigsten Kurs/Umsatz-Verhältnis investierte, erreichte eine durchschnittliche jährliche Rendite von 16 Prozent über 43 Jahre. Durch ein Investment nach dieser Strategie wurden so aus 10.000 Dollar, die man Ende 1951 angelegt hatte, bis Ende 1994 bereits fast sechs Millionen Dollar.

Nach Abschluss seiner Untersuchung war sich O'Shaughnessy sicher: Der Markt belohnt bestimmte Anlagestrategien, während er andere bestraft.

Bei diesem empirisch abgesicherten Ergebnis, kann man sich fragen, warum es trotzdem nur jedem fünften professionellen Fondsmanager in den USA gelingt, den S & P 500 Index zu schlagen? Ein Erklärung ist für O'Shaughnessy mangelnde Disziplin, denn er fordert von einem erfolgreichen Anleger ein sklavisches Durchhaltevermögen. Deshalb vertraut er bei seinen Investitionen mehr dem Computer und nicht seinem Bauchgefühl; denn „Computermodelle haben keine Launen, keinen Streit mit ihrer Frau, keinen dicken Kopf von der Nacht zuvor“ und „Computer lassen sich nicht von alten Mythen verleiten.“

Daher vergleicht O'Shaugnessy die Gefahren beim Investmentverhalten mit denen des antiken Seefahrers Odysseus: „Anleger sollten sich wie Odysseus an den Mast binden, um den Sirenenrufen in Form von Gerüchten an der Börse zu widerstehen und streng bei ihrer Anlagestrategie bleiben.“ Gestützt auf seine Auswertungen sind für O'Shaugnessy daher zwei Eigenschaften für den Börsenerfolg entscheidend, und zwar die Fähigkeit zur richtigen Auswahl der Papiere und die Geduld, auch langfristig engagiert zu bleiben. Nur wer einen klaren Plan verfolgt und sich nicht von kurzfristigen Entwicklungen irritieren lässt, wird daher für ihn auf Dauer an der Börse wirklich reich.

Das sind logische Schlussfolgerungen aus empirischen Ergebnissen, die allerdings zunächst nur etwas über die Entwicklung in dem betrachteten Untersuchungszeitraum aussagen. Das heißt jedoch, dass sie nicht aus einer finanzwissenschaftlichen Theorie mit allgemein anerkannten Wirkungszusammenhängen abgeleitet wurden. Daher ist es immer eine offene Frage, ob dies gefunden Aussagen auch in dr Zukufnt gelten, die jeden Anlegen eigentlich nur interessiert. Rückwirkend lassen sich schließlich keine Renditen erzielen. Sondern nur in der Zukunft, die damit der für Anleger allein relevante Zeitabschnitt ist. Und diese Zukunft lässt sich - da es keine den naturwissenschaftlichen Gesetzen vergleichbare Gesetze im Anlegerverhalten gibt, nicht eindeutig prognostizieren wie ein Sonnenaufgang oder eine Mondfinsternis.

Wer also allzu lange einer falschen oder inzwischen falsch gewordenen Strategie folgt, wird vom neuen Börsenleben bestraft. Zumindest sollte also jede Strategie auf ihre Plausibilität hin geprüft werden; denn faire Preise dürften sich letzthin auch in den Kursen wiederfinden, nicht jedoch irgendeine offensichtlich irrelevante Merkmalskombination, die irgendwann einmal zufällig aufgetreten ist.

Dennoch haben die Anlagestrategien Vorteile, da sie von kostengenerierenden psychologischen Fehlern abhalten können.
Die meisten privaten Anleger, so die Erfahrung des Börsenaltmeister André Kostolany, agieren an der Börse nicht wie vernünftige Geldanleger, sondern wie Spieler beim Roulette. Wer ständig kauft und verkauft, nur hinter den neuesten Tipps und Trends herhechelt, macht in der Regel nicht sich selbst, sondern über Spesen und Gebühren vor allem Banken und Broker reich.

Greenblatts Magische Formel


Zeitlich parallel zu Haugen hat sich Joel Greenblatt (geb. 1957) mit einem eigenen Ansatz für die Aktienauswahl beschäftigt, den in seinem Buch "The Little Book That Beats the Market" dargestellt hat, das in der deutschen Übersetzung den Titel „Die Börsen-Zauberformel. Wie Sie den Markt mit Leichtigkeit schlagen“ trägt. Auch sein Ziel ist es, gute Unternehmen preiswert einzukaufen. Um die Qualität einer Gesellschaft zu bestimmen, wählt er die Fähigkeit, hohe Renditen auf das investierte Kapital zu erwirtschaften. Dabei verwendet er als Indikator für die „Güte“ die Kapitalrendite (ROC (Return on capital)), die als Quotient von EBIT (Earnings before interest and taxes) also dem Gewinn vor Zinsen und Steuern) und der Summe aus Nettoumlauf- und Sachanlagevermögen) berechnet wird.

Dieser Wert steht damit für die Rentabilität des eingesetzten Kapitals, also die Fähigkeit des Managements, mit dem zur Verfügung stehende Vermögen unabhängig von der Art der Finanzierung Erträge erwirtschaften zu können. 


Die Preiswürdigkeit der Unternehmen ergibt sich nach einer Berechnung der Gewinnrendite (Earnings yield), die sich als Quotient aus dem EBIT und dem Unternehmenswert (Enterprise Value). Der Enterprise Value errechnet sich aus der Marktkapitalisierung zuzüglich Schulden und abzüglich aller liquiden Mittel und ist vereinfacht gesagt der Börsenwert des schuldenfreien Unternehmens. Damit können Unternehmen unabhängig ihrer Finanzierung miteinander verglichen werden.

Diese Kennzahl entspricht damit von der Funktion her dem beliebten Value-Indikator KGV; denn in beiden Fällen ist ein Unternehmen vom Markt unterbewertet. Der Vorteil dieses Indikators besteht darin, dass die Art der Finanzierung anders als beim KGV in diesem Ansatz ausgeschlossen ist.

Zur Auswahl der nach dieser angeblichen Zauberformel aussichtsreichen bildet man zwei Rangreihen, und zwar eine für die Kapital- und eine für die Gewinnrendite. Im letzten Schritt werden dann für jedes Unternehmen die beiden Rangnummern aufaddiert, sodass man eine Rangfolge der preiswertesten und rentabelsten Unternehmen erhält.

Wissenschaftlich bestätigte Überrenditen der Value-Strategie


Die praktischen Anlageerfolge und die Bestseller von Value-Investoren machten auch die akademische Finanzmarktwissenschaft auf eine mögliche Value-Anomalie auf dem angeblich effizienten Aktienmarkt aufmerksam.

So erzielten für Lakonishok/Shleifer/Vishny (1994) Investoren, die Value-Strategien verfolgen, Überrenditen, weil sie das suboptimale Verhalten des typischen Investors ausnutzen. Value-Investoren gehen somit eine Wette gegen die Anleger ein, die die Performanz der Vergangenheit zu weit in die Zukunft extrapolieren und damit Glamour-Aktien zu hoch bezahlen. Die Unterperformanz vieler professioneller Anleger beruht somit auf einem zu hohen Gewicht, das sie den Glamour-Aktien beilegen, und ihrer gleichzeitigen Untergewichtung von den generell eher vernachlässigten Value-Werten. Von zahlreichen Investoren wird also das geringe Wachstum der Value-Aktien aus der Vergangenheit in die Zukunft fortgeschrieben, da eine häufige eine Regression nicht in Betracht gezogen wird.


In der folgenden Tabelle werden wichtige Ergebnisse der Untersuchung von Lakonishok/Shleifer/Vishny zusammengestellt, die die untersuchten Aktien nach den drei Inidkatoren Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Cashflow-Verhältnis und Kurs-Buchwert-Verhältnis auf Dezile aufgeteilt haben. Dabei findet man im 1. Dezil die vom Value-Gesichtspunkt her teuren Aktien, die also beispielsweise ein hohes KGV besitzen und damit als Glamour-Aktien gelten können, sowie im 10. Dezil die billigen Value-Papiere. Nach der Daten der drei Autoren zeigen sich für alle drei Indikatoren die erwarteten deutlichen Unterschiede, wobei in dieser Studie die Auswahl nach dem Kurs-Cashflow-Verhältnis mit einer monatlichen Überrendite von 0,2 Prozentpunkten besonders profitabel war.

Überrenditen unterschiedlicher Value-Portfolios im Zeitraum 1968-90

Merkmal
1. Dezil
5. Dezil
10. Dezil

(Glamour)

(Value)
Buch-/Marktwert
0,093
0,154
0,198
Cashflow/Kurs
0,091
0,166
0,201
Gewinn/Kurs
0,114
0,160
0,190

Lakonishok/Shleifer/Vishny, S.1548f.

Die Gründe für den Erfolg Buffetts und der Value-Strategie sind umstritten. So sehen die Anhänger der Theorie effizienter Märkte darin das Produkt des Zufalls während es Value-Anleger mit dem strategischen Ansatz begründen, auch wenn sie nicht immer so erfolgreich wie ihr großes Vorbild sind. So gibt es in Deutschland mehrere an der Börse notierte Anlagegesellschaften, die ich Kapital nach Value-Kriterien anlegen, sodass sich an diesen Beispielen die Probleme und Chancen dieser Strategie praktisch nachvollziehen lassen.

Für Chrikova beruht das Investmentphänomen Buffett hingegen neben Glück und einer guten Strategie vor allem auch auf der Wahl einer Investmentnische, in der sich Berkshire Hathaway ohne harten Wettbewerb relativ gut entwickeln konnte.


****

Weitere Details zu deutschen Aktiengesellschaften, die nach Value-Kriterien investieren, findet man im Beitrag „Deutsche Value-AGs im Vergleich“.

Quellen:
Buffett, Warren E., Die Superinvestoren von Graham-und-Doddsville, Vortrag zur Feier des fünfzigsten Jahrestages von „Security Analysis“ im Jahr 1984 an der Columbia Universität.
Chirkova, Elena, Why Is It that I am not Warren Buffett?, Arbeitspapier, Juni 2012.
Graham, Benjamin und Dodd, Davis, Security Analysis, 1934.
Greenblatt, Joel, The Little Book That Beats the Market. Hoboken, NJ, 2006.
Lakonishok, Josef, Shleifer, Andrei und Vishny, Robert W., Contrarian Investment, Extrapolation, and Risk, in: Journal of Finance, 1994, S. 1541–78.
O’Shaughnessy, James, What Works on Wall Street, 1996.


Zurück zum Anfang

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen